An Answer to the Question: What is Enlightenment? (1784)
Enlightenment is man's emergence from his self-imposed immaturity. Immaturity is the inability to use one's understanding without guidance from another. This immaturity is self-imposed when its cause lies not in lack of understanding, but in lack of resolve and courage to use it without guidance from another. Sapere Aude! [dare to know] "Have courage to use your own understanding!"--that is the motto of enlightenment.
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But only a ruler who is himself enlightened and has no dread of shadows, yet who likewise has a well-disciplined, numerous army to guarantee public peace, can say what no republic may dare, namely: "Argue as much as you want and about what you want, but obey!" Here as elsewhere, when things are considered in broad perspective, a strange, unexpected pattern in human affairs reveals itself, one in which almost everything is paradoxical. A greater degree of civil freedom seems advantageous to a people's spiritual freedom; yet the former established impassable boundaries for the latter; conversely, a lesser degree of civil freedom provides enough room for all fully to expand their abilities. Thus, once nature has removed the hard shell from this kernel for which she has most fondly cared, namely, the inclination to and vocation for free thinking, the kernel gradually reacts on a people's mentality (whereby they become increasingly able to act freely), and it finally even influences the principles of government, which finds that it can profit by treating men, who are now more than machines, in accord with their dignity.
I. Kant Konigsberg in Prussia, 30 September 1784
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BEANTWORTUNG DER FRAGE: WAS IST AUFKLÄRUNG ? Berlinische Monatsschrift. Dezember-Heft 1784. S. 481-494
AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
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Aber auch nur derjenige, der, selbst aufgeklärt, sich nicht vor Schatten fürchtet, zugleich aber ein wohldiszipliniertes zahlreiches Heer zum Bürgen der öffentlichen Ruhe zur Hand hat, kann das sagen, was ein Freistaat nicht wagen darf: Räsonniert, soviel ihr wollt, und worüber ihr wollt; nur gehorcht! So zeigt sich hier ein befremdlicher, nicht erwarteter Gang menschlicher Dinge; sowie auch sonst, wenn man ihn im großen betrachtet, darin fast alles paradox ist. Ein größerer Grad bürgerlicher Freiheit scheint der Freiheit des Geistes des Volks vorteilhaft und setzt ihr doch unübersteigliche Schranken; ein Grad weniger von jener verschafft hingegen diesem Raum, sich nach allem seinen Vermögen auszubreiten. Wenn denn die Natur unter dieser harten Hülle den Keim, für den sie am zärtlichsten sorgt, nämlich den Hang und Beruf zum freien Denken, ausgewickelt hat: so wirkt dieser allmählich zurück auf die Sinnesart des Volks, (wodurch dies der Freiheit zu handeln [A494] nach und nach fähiger wird), und endlich auch sogar auf die Grundsätze der Regierung, die es ihr selbst zuträglich findet, den Menschen, der nun mehr als Maschine ist, seiner Würde gemäß zu behandeln.¹
Königsberg in Preußen, den 30. Septemb. 1784. I. Kant.
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